The Stolen Generation

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 The Stolen Generation

The Stolen Generation - In ganz Australien wurden Aboriginal - Familien über mehrere Generationen hinweg systematisch ihrer Kinder beraubt.

Sybille Hohmann aus: pogrom 201/1998

01. März 1998
Australien wird derzeit mit einem traurigen Kapitel seiner Geschichte konfrontiert: dem gewaltsamen Herausreißen von Kindern und Säuglingen der Aborigines und Torres Strait Islander aus ihren Familien seit Beginn der Kolonialzeit. Mehrere der Ureinwohner Australiens wurden in staatliche oder kirchliche Obhut gegeben, in Pflegeheimen und -familien untergebracht oder zur Adoption freigegeben. Sie verloren ihre Kultur, die familiäre Geborgenheit, ihr Land und ihre Identität. Ihre Namen wurden geändert. Der Kontakt zu leiblichen Angehörigen wurde ihnen verwehrt. Geschwister wurden getrennt. Pflegschaften oder Adoptionen wurden in aller Regel nur in "weiße" Familien vermittelt. Ob in Heimen oder Missionen, in Pflege- und Adoptivfamilien - fast immer wurden die Aborigine-Kinder auch psychisch, physisch und sexuell missbraucht.
"Es war, als würden wir auf dem Markt feilgeboten. Wir waren alle in weißen Kleidern in einer Reihe aufgestellt und sie gingen umher und suchten dich aus, als wenn du zu verkaufen wärst", berichtet eine Frau, die noch in den 70er Jahren als 10jährige in eine Pflegefamilie kam. Auch ihre 13 Geschwister wurden den Eltern weggenommen. Sie selbst wurde vom Pflegevater vergewaltigt und zur Abtreibung gezwungen.

Vor 1940 hatten Regierungsbehörden in ganz Australien uneingeschränkte Macht über die Aborigine-Familien. Sie konnten die Trennung eines Kindes von seinen Angehörigen einfach anordnen. Man glaubte damals, dass die Aborigines zum Aussterben verdammt seien. Chancen zur Assimilation gab man nur Kindern aus gemischten Beziehungen, deren Anteil an der Gesamtgruppe ab Ende des 19. Jahrhunderts stark zugenommen hatte. Da diese "europäisches Blut" in sich trugen, wurde ihnen ein Platz am untersten Rand der weißen Gesellschaft zugestanden. Sie sollten den Arbeitsmarkt mit billigen Arbeitskräften versorgen. Kinder gemischter Herkunft standen folglich im Mittelpunkt des Interesses auch beim Kindesentzug. Je heller die Haut, um so größer war das Risiko, geraubt zu werden.

Ab 1940 wurde durch das "Allgemeine Kinderfürsorge Gesetz" (General Child Welfare Law) der Nachweis von Vernachlässigung, Verelendung oder Unkontrollierbarkeit der Kinder notwendig. Die allgemeinen Lebensverhältnisse der Aborigines zu verbessern, um den Familienzusammenhang zu erhalten, erwog der Staat damals offenbar nicht. Statt dessen wurden die Maßstäbe der "weißen" Gesellschaft zum einzigen Kriterium für den Raub der Kinder gemacht. Der Begriff der "Vernachlässigung" wurde zum gesetzlich legitimierten Instrument für einen weiterhin ungehemmten Kindesraub. "Sie glaubten", so ein Mann, der in den 50er Jahren mit seinen drei Geschwistern der Mutter weggenommen wurde, "dass wir hungerten, was nicht stimmte, weil meine Mutter niemals in ihrem Leben Geld für Alkohol ausgegeben hat. Sie kümmerte sich um uns, hat uns Essen gegeben und uns sauber gehalten. Nur weil sie nicht verheiratet war, wollten sie uns wegholen."
Das Verbringen von Kindern aus einer bestimmten Bevölkerungsgruppe in eine andere mit dem Vorsatz, sie außerhalb und ohne Zugang zu ihrer eigenen Kultur aufwachsen zu lassen, verstößt gegen die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes von 1948, die Australien 1949 unterzeichnet und 1951 ratifiziert hat. Australien hat also bis in die 70er Jahre hinein gegen von ihm selbst anerkanntes Internationales Recht verstoßen. Da sich diese Praxis nur gegen Aborigine-Kinder richtete, wurde außerdem das Internationale Verbot der Rassendiskriminierung verletzt. Erst unter der Regierung Witlam wurde den Aborigines ab 1972 die Möglichkeit eröffnet, mit Hilfe des Aboriginal Legal Service gegen den Kindesentzug vorzugehen. In den 90er Jahren begannen Angehörige der "Stolen Generations" dann, vor Gericht um Wiedergutmachung zu klagen.
Wie viele Generationen von Kindern ihren Eltern und damit der Aborigine Gemeinschaft geraubt wurden, ist nicht bekannt. Viele Akten sind verschwunden oder zerstört. Man geht von ca. 100.000 Kindern zwischen 1910 und 1970 aus. Fast jede Aborigine-Familie ist in einer oder mehreren Generationen vom Raub eines oder mehrerer Kinder betroffen. Weil die Angehörigen meist jede Verbindung zueinander verloren haben, wurden 1980 die Organisation "Family Tracing" (Familienforschung) und die Agentur für Familienzusammenführung "Link-Up" gegründet. Inzwischen kamen in allen Teilen Australiens zahlreiche ähnliche Organisationen hinzu. Sie können nur unter Schwierigkeiten arbeiten, denn die noch vorhandenen Akten sind über zahlreiche Archive verstreut. Lange zurückliegende Ereignisse können oft nicht mehr rekonstruiert werden, weil die Zeitzeugen längst verstorben sind.
Die Folgen der gewaltsamen Trennung haben bei den heute erwachsenen Kindern und bei ihren Familien tiefe seelische Wunden verursacht. Eltern leiden an Selbstvorwürfen, ihre Kinder daran, ohne Liebe und kulturelles Zugehörigkeitsgefühl aufgewachsen zu sein. Sie fühlen sich weder der Aborigine-Gemeinschaft noch der weißen Gesellschaft zugehörig. Ihrer Sprache und ihres kulturellen Wissens wurden sie beraubt, konnten in die Gemeinschaft ihres Volkes nicht hineinwachsen. So können sie auch an ihre eigenen Kinder oft keine sozialen und emotionalen Werte vermitteln. Das Leid wird von Generation zu Generation weitergegeben.

Erst 1997 fand die Geschichte der "Stolen Generations" in der australischen Öffentlichkeit endlich die ihr gebührende Beachtung. Die "Kommission für Menschenrechte und Gleichberechtigung" (HREOC) veröffentlichte im Mai einen 700 Seiten starken Report mit Berichten von Zeitzeugen, Analysen über die Folgen der Zwangsentziehung für die betroffenen Kinder, ihre Familien und die gesamte Aborigine-Gemeinschaft und Vorschlägen für Wiedergutmachung sowie Hilfen für eine Wiedervereinigung der Familien. Den Auftrag dazu hatte sie noch von der 1996 abgewählten Labour-Regierung erhalten. Die Kommission spricht sich u. a. für die Einrichtung eines Entschädigungsfonds durch die Regierung, für eine nationale Gesetzgebung, die den Aborigines in Fragen der Fürsorge, Polizei, und Jugendangelegenheiten Selbstbestimmung ermöglicht, und für eine offizielle Entschuldigung der Regierung gegenüber den Opfern und ihren Familien aus. Entschuldigt hat sich bislang jedoch nur die Anglikanische Kirche Australiens, der jeder vierte Staatsbürger angehört. Auch sie war am Kindesentzug beteiligt, stellte Unterkünfte, Bildungseinrichtungen und Arbeit für die gestohlenen Kinder zur Verfügung.

Am 26. Mai 1998 wurde erstmals in ganz Australien ein "Sorry Day" (Tag des Bedauerns) begangen. Als Geste der Entschuldigung wurden Vertretern der Aborigines Bücher mit ca. 500.000 Unterschriften und Gedanken australischer Bürger überreicht. Die Regierung allerdings hat sich bislang beharrlich geweigert, ihren Bürgern zu folgen und sich offiziell bei den Ureinwohnern Australiens zu entschuldigen.

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Web Stats

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Pressestimmen

Journey of Healing

Audrey Kinnear und Helen Moran wurden 1950 und 1960 im Alter von vier und zwei Jahren gewaltsam von ihren Familien getrennt. Sie sind Töchter von Weißen und Aborigines und fanden erst als Erwachsene zu ihren indigenen Wurzeln zurück. Beide Frauen beteiligten sich maßgeblich an der Journey of Healing, einer Tour, die im Mai 1999 in Uluru stattfand und für die Aussöhnung zwischen Weißen und Aborigines steht. Die Idee dazu entstand aus dem Sorry Day von 1998. Helen Moran ist Initiatorin der Journey of Healing, die inzwischen zu einer Bewegung geworden ist, Audrey Kinnear ist die zweite nationale Vorsitzende. Kinnear und Moran schöpfen Kraft aus der Meinung vieler Australier, dass die Existenz der Stolen Generations endlich anerkannt werden muss. Die Versammlungen der Journey of Healing helfen ihnen, besser mit ihrem eigenen Leben fertig zu werden. (The Sydney Morning Herald, von Mark Metherell, 26.05.2000)
Eine Aborigine erzählt: Als sie ein Kind war, rieb ihre Mutter ihr die relativ helle Haut mit Ruß ein, damit sie nicht als Halbblut zu erkennen sei, denn alle Kinder aus Mischehen wurden gewaltsam von Beamten der Wohlfahrtsbehörde aus den Familien gerissen. Auch sie selbst traf dieses Schicksal, nachdem ein Beamter den Ruß auf ihrer Haut entdeckt hatte. (The Australian: A thousand stories in the naked country von Amanda Meads, 18.04.2000)


Klage auf Entschädigung

Der heute 50 Jahre alte Peter Gunner ist einer der ersten beiden Aborigines, die vom australischen Commenwealth Entschädigungszahlungen für die gewaltsame Entführung aus ihrer Familie eingeklagt haben. Gunner war damals ungefähr 6 Jahre alt. Seine Mutter ist Aborigine, sein Vater, zu dem er nie Kontakt hatte, Weißer. Gunner wurde ins St. Mary`s Heim für Aborigines in Alice Springs gebracht. Zweimal versuchte er, von dort zu fliehen und zu seiner Familie zurückzukehren. In der ersten Nacht wurde er bestraft, weil er auf dem Boden schlafen wollte. Er hatte noch nie vorher ein Bett gesehen. Mit etwa 14 Jahren brachte man ihn als Arbeiter zu einer Viehstation. Er berichtete, dass er sich die meiste Zeit sehr verloren und einsam fühlte. Zwei Selbstmordversuche waren die Folge. Auch jetzt hat ihn das Gefühl der Einsamkeit nicht verlassen, denn er darf nicht an Stammeszeremonien teilnehmen. Weil er nach St. Mary's verschleppt wurde, war er als Junge nicht initiiert worden.
Bereits zweimal zuvor hatte man versucht, den Jungen zu entführen. Beim ersten Mal konnte er in den Busch fliehen, beim zweiten Mal versteckte seine Tante ihn, indem sie eine Decke über ihn warf und sich darauf setzte. Als er später seine Mutter wiederfand, konnten sie sich nicht miteinander verständigen. Gunnar hatte seine Stammessprache vergessen und sprach nur noch Englisch. Das jedoch verstand seine Mutter nicht. Bei der gerichtlichen Anhörung legte die Anwältin Elizabeth Hollingworth ein Formular vor, unterzeichnet mit einem Daumenabdruck von Gunners Mutter, in dem sie das Aboriginal Affairs Department ersuchte, Gunner in seine Obhut zu nehmen. Er selbst berichtete, eine Cousine habe ihm erzählt, seine Mutter habe ihn auf einem Ameisenhügel ausgesetzt und seine Tante hätte ihn gerettet und aufgezogen. (The Australian: One man`s pain is a nation`s torment von Frank Devine, 17.04.2000)


Kein Bedauern

Harry Kitching hat zwischen 1947 und 1971, als die Zwangsadoption von Aboriginekindern verboten wurde, in einem Heim für Aboriginejungen gearbeitet. Er behauptet, er habe in all diesen Jahren nur 10 Kinder von ihren Familien getrennt, nur in einem Fall gegen den Willen der Mutter. Er zeigt kein Bedauern für seine Rolle im Leben der Stolen Generations. In vielen Fällen würden Aboriginesfrauen von ihren weißen Männern im Stich gelassen und Kinder, die aus Mischehen entstehen, würden von den Stammesältesten nicht anerkannt und nicht in die Traditionen eingeführt, sagte Kitching. Er gibt aber zu, dass es durchaus Menschen gab, die ernsthaft Schaden genommen haben. (Sunday Telegraph, 16.04.2000)

Die Wahrheit über die Stolen Generations

Dass die Regierung Howard sich noch immer weigert, die "Stolen Generations" als Tatsache anzuerkennen und damit die Verantwortung für die Verletzung der Menschenrechte der Aborigines zu übernehmen, hat starke Proteste bei denjenigen zur Folge gehabt, die den Bericht "Bringing Them Home" von Sir Ronald Wilson ohne wenn und aber akzeptiert haben. Darin heißt es, dass zwischen 1910 und 1970 fast ein Drittel aller Kinder aus Mischehen gewaltsam von ihren Müttern getrennt wurden. Der Bericht empfiehlt Entschädigungszahlungen, da die Trennung ungerechtfertigt und die Versorgung der Kinder danach unzureichend war. Sir Ronald ist der Überzeugung, dass der Kindesentzug von Halbblut-Aborigine auf rassistischen Grundlagen beruht und entwickelt wurde, um diese Kinder an die Kultur der Weißen anzupassen. [Anm.: "Vollblut"-Aborigines traute man eine Anpassung an die "überlegene" Kultur der Weißen nicht zu. Ihre Kultur, so glaubte man, war zum Untergang verurteilt. Mischlingen, die ja - zynisch gesagt - zumindest teilweise "weiß" waren, wollte man damals durch Zwangsadoption in ausschließlich weiße Familien eine Überlebenschance eröffnen; vgl. "Stolen Generation" / pogrom 201]
Andere Berichte besagen, dass in der Zeit von 194 bis 1962 im Northern Territory zwischen 500 und 1000 Mischlingskinder gelebt haben, von denen 129 in Heime der Regierung kamen, nur drei von ihnen ohne die Zustimmung der Mutter. Ungefähr 450 Kinder lebten in den Regierungsheimen mit Zustimmung und auf Kosten der Eltern, da diese eine Ausbildung nach westlichem Standard für ihre Kinder anstrebten. (Peter Howsen, the age 14.04.2000)


Diskussion über die Entschädigungszahlungen

Premierminister John Howard ist am 18.04.2000 mit Aborigines aus dem Northern Territory zusammengetroffen. Er wurde bei dieser Gelegenheit darum ersucht, ein Verfahren zu entwickeln, um die in diesem Bundesstaat anhängigen 2.100 Entschädigungsverfahren im Zusammenhang mit den "Stolen Generations" zu beschleunigen. Die Regierung hatte als Reaktion auf den "Bringing Them Home"-Bericht von 1997 $ 63 Millionen zugesagt. (AAP, 18.04.2000)

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Australien sagt Sorry

Artikel im Stern 12.02.2008

Von Brigitte Zander, Canberra

Über mehrere Generationen hinweg wurden in Australien Aborigines-Familien systematisch ihrer Kinder beraubt. Sie wuchsen bei Weißen auf, verloren dadurch ihre Kultur und ihre Identität. Für das traurige Kapitel will sich erstmals ein Ministerpräsident entschuldigen.

Bruce Trevorrow war 13 Monate alt, als er 1957 an Weihnachten mit heftigen Bauchschmerzen in die Kinderklinik seiner Heimatstadt Coorong in Südaustralien gebracht wurde. Danach sah der kleine Aboriginal-Junge seine Familie zehn Jahre lang nicht wieder. Das Sozialamt brachte das Baby bei einer weißen Pflegefamilie unter, die ihm "weiße Werte" anerziehen sollte. Mit tragischen Folgen: Bruce, heute 50 Jahre alt, ist ein gebrochener Mann. Ein psychisch kranker, heimatloser Gelegenheitsarbeiter, der sich weder den Weißen noch den Schwarzen zugehörig fühlt. Anfang dieses Jahres errang der entwurzelte Ureinwohner einen bedeutenden Sieg: Der Oberste Gerichtshof von Adelaide sprach ihm nach zehnjährigem juristischem Hickhack endgültig eine Entschädigung von umgerechnet einer halben Million Euro zu.

Betroffene hoffen auf positive Urteile

Bruce Trevorrow ist der erste Kläger der sogenannten "Stolen Generation", der für den Verlust seiner kulturellen Identität eine so hohe Summe erstritten hat. Andere Klagen von Rassismus-Opfern sind seit langem anhängig. Die Marschrichtung der neuen Labor-Regierung lässt die Betroffenen auf schnellere, positive Urteile hoffen. Ministerpräsident Kevin Rudd will sich nun im Namen seiner Regierung für die Misshandlung der Ureinwohner entschuldigen. Ob das gesamte Parlament hinter ihm steht, ist noch ungewiss. Die liberal-nationale Regierung seines Vorgängers John Howard hatte ein "Sorry", eine Entschuldigung, elf Jahre lang abgelehnt.

 Die grausame Verfolgung der Ureinwohner gehört zur dunkelsten Geschichte Australiens. Die europäischen Einwanderer wollten die "Wilden" ausrotten. Sie wurden bekämpft, vertrieben, misshandelt, ermordet, vergiftet, eingekerkert und ausgehungert. Wer nicht bei dem landesweiten Massaker starb, erlag oft eingeschleppten Krankheiten oder dem Alkohol. Die Überlebenden mussten ohne Sold auf den Farmen weißer Siedler schuften. Selbst staatliche Stellen zahlten keinen Lohn, weil - wie es hieß - die Schwarzen sowieso nicht mit Geld umgehen könnten. Aborigines mussten sogar als Kanonenopfer in australische Kriege ziehen.

Kinder der Ureinwohner zu Weißen erziehen

Von 1910 bis 1970 wurden schätzungsweise bis zu hunderttausend Kinder der australischen Ureinwohner aus ihren Familien gerissen und sollten in staatlichen Heimen, Missionsstationen oder bei Pflegefamilien zu Weißen erzogen werden. Die älteren Kinder sollten eine Berufsausbildung bekommen, manche profitierten auch davon. Doch in vielen Fällen nutzte man sie als billige Arbeitskräfte auf Farmen und im Haushalt aus.

 All dies geschah zum angeblichen Wohle der Kinder, die aus ihrer familiären Armut und Zukunftslosigkeit gerettet werden sollten. Die Praxis aber zielte darauf ab, die indigenen Eigenheiten, ihren traditionellen Lebensstil, ihre Kultur auszumerzen. Die Verschleppten bekamen "weiße" Namen. Ein Drittel der Opfer wurde bereits als Baby aus ihren Familien gerissen. Den Kleinkindern wurde über Jahrzehnte hinweg die Identität ihrer Eltern, ihre Stammeszugehörigkeit und ihr Geburtsort verschwiegen. Die Kinder der "Stolen Generation" leiden, wie Bruce Trevorrow, lebenslänglich unter den Folgen der Entwurzelung und Misshandlung.

Tasmanien übernimmt Verantwortung

Vor zehn Jahren dokumentierte eine Menschenrechtskommission in einem Bericht auf 700 Seiten den Umfang der Tragödie und prangerte den Genozid an. Seitdem unterstützt eine wachsende liberale Mehrheit in der weißen Bevölkerung die Forderungen der Aboriginal-Organisationen nach Wiedergutmachung. Bislang hat Tasmanien als einziger australischer Bundesstaat die längst fällige politische Verantwortung übernommen, indem es einen millionenschweren Entschädigungsfond für seine örtlichen Opfer eingerichtet hat.

Die Aborigines, die erst 1967 die vollen Bürgerrechte erhielten, machen nur noch 2,4 Prozent der rund 20 Millionen Australier aus. Ihre Arbeitslosenquote liegt durchschnittlich dreimal höher als die der Weißen, ihre Lebenserwartung 17 Jahre niedriger. Die meisten der Aborigines zählen zur sozial benachteiligten Unterschicht, vielen fehlt die Schulbildung. In den indigenen Kommunen herrscht Gewalt, die Selbstmordrate ist hoch. Aber es gibt auch andere Beispiele wie die Olympiasiegerin Cathy Freeman, die als erste Angehörige der Aborigines bei den Olympischen Spielen eine Goldmedaille gewann.

Beginn einer neuen Versöhnungspolitik

Das "Sorry" in Canberra, betont Regierungschef Rudd, sei mehr als ein symbolischer Staatsakt. Es markiere den Beginn einer neuen Versöhnungspolitik zwischen den Rassen auf dem gesamten Kontinent. "Wir wollen eine Brücke des Respekts und der gegenseitigen Anerkennung zwischen beiden Kulturen bauen", so Rudd. Im ersten Anlauf will Rudd die mangelhafte Bildungs- und Gesundheitssituation der Aborigines verbessern. Details wird seine Rede nicht enthalten. Welche praktischen Anstrengungen folgen, soll später das Parlament erarbeiten.

Doch schon seit Wochen wird die ideologische und finanzielle Dimension der Staatsaktion landesweit heiß diskutiert. Wobei Politiker der Opposition, die in ihrer Regierungsverantwortung eine offizielle Entschuldigung konsequent abgelehnt hatten, eher gequält agieren. Ex-Ministerpräsident Howard und einige seiner alten Ministerriege verweigerten aus "terminlichen Gründen" eine Teilnahme an der Zeremonie. Der neue Oppositionsführer Brendan Nelson möchte sich erst nach einem Einblick in Rudds Regierungserklärung festlegen.

Oppositionelle wollen keine Schuld übernehmen

Viele Oppositionelle wollen immer noch nicht die Schuld für vergangene Untaten übernehmen, sondern nur ihr Bedauern ausdrücken. Man befürchtet eine Welle von Entschädigungsklagen und Wiedergutmachungsforderungen. Nicht ganz unbegründet. Experten sprechen bereits von einer halben Million Dollar als Entschädigung für jedes Opfer, alternativ für jede betroffene Familie. Zudem verlangen sie die Einführung eines alljährlichen "Sorry Days", damit die Erinnerung an die Schande wach bleibt.

Zunächst aber wird gefeiert. Die Zeremonie wird live im Fernsehen übertragen. Tausende schwarze und weiße Australier wollen zum Parlamentsgebäude in Canberra pilgern, um draußen auf Bildschirmen das einmalige Ereignis mitzuerleben.

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Aborigines akzeptieren Entschuldigung

Artikel im Stern 13.02.2008

Mit "Danke, Mr. Rudd"-Plakaten feiern Australier den Sorry-Day. Erstmals in der Geschichte des Landes gab es eine offizielle Entschuldigung für das an den Ureinwohnern begangene Unrecht. "Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit fühlen wir uns als Teil Australiens", sagte ein Aborigines-Vertreter.

Die australische Regierung hat sich offiziell für die langjährige unwürdige Behandlung seiner Ureinwohner entschuldigt. Ministerpräsident Kevin Rudd erklärte am Mittwoch in der konstituierenden Sitzung des Parlaments, die Abgeordneten seien zusammengetreten, um ein großes Unrecht zu beseitigen. Einige der etwa 100 anwesenden Aborigines wischten sich während seiner Rede Tränen aus den Augen. Im ganzen Land versammelten sich Menschen, um die Sitzung live zu verfolgen. Allein vor dem Parlamentsgebäude sahen rund 7000 Bürger die Rede auf Großbildleinwänden und jubelten.

Schwarzer Fleck auf der australischen Seele

Rudd richtete sich vor allem an die Opfer der "Stolen Generation", die "bestohlende Generation", bis in die späten 60er-Jahre als Kinder von ihren Familien getrennt wurden, um in weißen Haushalten aufzuwachsen. Diese Politik sei ein schwarzer Fleck auf der australischen Seele und werde sich niemals wiederholen, so Rudd. "Wir entschuldigen uns für die Gesetze und die Politik der vorangegangenen Parlamente und Regierungen, die unseren australischen Mitbürgern großen Schmerz, Leid und Schaden zugefügt haben."

"Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit fühlen sich die Ureinwohner als Teil Australiens", sagte Mark Bin Bakar, ein Sprecher der "Stolen Generation", der Nachrichtenagentur Reuters. "Es geht darum, als Land zusammenzufinden, unsere Vergangenheit anzuerkennen und voranzukommen, uns gegenseitig als Brüder und Schwestern der Nation zu akzeptieren."

Mit Rudd kam die Wende

Rudd hatte sein Amt im November errungen und damit zwölf Jahre konservative Herrschaft beendet. Sein Vorgänger John Howard hatte eine offizielle Entschuldigung stets abgelehnt und nahm auch nicht an der Sitzung teil. Ein vor elf Jahren veröffentlichter Bericht hatte das Leid der "Stolen Generation" offenbart und eine Entschuldigung gefordert.

In Australien leben rund 460.000 Ureinwohner, etwa zwei Prozent der Gesamtbevölkerung. Ihre durchschnittliche Lebenserwartung liegt rund 17 Jahre unter der der übrigen Australier. Sie haben zudem eine deutlich höhere Säuglingssterblichkeit und Arbeitslosigkeit. Alkohol- und Drogenmissbrauch ist häufiger, wie auch häusliche Gewalt und der Anteil der Bevölkerung in Haft.  

Reuters/ThoG/nik

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Der Leidensweg der Aborigines – Eine Chronologie


17. Jahrhundert
Die Holländer gelangen mehrfach an Küstenabschnitte des australischen Kontinents. 1642 entdeckt Abel Janszon Tasman das im 19. Jahrhundert nach ihm benannte Tasmanien.

27. August 1770
James Cook betritt im Namen der britischen Krone an der Ostküste australischen Boden.

26. Januar 1788
Kapitän Arthur Philip, späterer Gouverneur der neuen britischen Kolonie New South Wales, trifft mit der "First Fleet" und rund 750 Häftlingen in der Nähe des heutigen Sydney (Port Jackson) ein. Er tauft die erste australische Gefangenensiedelung in Australien nach dem für die Organisation der Transporte verantwortlichen britischen Staatssekretär Lord Sydney.

Der 26. Januar ist Nationalfeiertag in Australien. Für die Aborigines aber ist es der Tag der Invasion ("Invasion Day".)

1824
In Tasmanien werden die Siedler dazu autorisiert, Aborigines zu erschiessen.

25. September 1830
In Tasmanien wird die weisse Bevölkerung dazu aufgefordert, an einer eigentlichen Treibjagd auf Aborigines teilzunehmen.

1838
Myall Creek Massaker, NSW.
In der Nähe von Inverell erschiessen und verbrennen weisse Siedler 28 Aborigines, wovon die Mehrheit Frauen und Kinder sind. Erstmals werden die Täter des Massakers vor Gericht gestellt. Sieben Männer werden zum Tod durch Erhängen verurteilt.

1849
Das Colonial Office in London erklärt den ganzen australischen Kontinent zu terra nullius, Niemandsland.
Die britische Regierung vertritt die Ansicht, dass die Aborigines zwar physisch vor der Ankunft der Europäer auf dem australischen Kontinent präsent gewesen sein mögen, aber nicht über eine kulturelle Bindung an ihr Land und eine sozial gefestigte Volksstruktur verfügt hätten. Für das britische Empire besassen die Aborigines daher keine Souveränität über ihr Stammesgebiet.

Die terra nullius-Doktrin diente der britischen Regierung dazu, der zunehmend gewaltsamen Eroberung des australischen Kontinents einen Schein der Legalität zu geben.

Erst 1992 wurde die terra nullius-Doktrin in einem spektakulären Urteil des höchsten australischen Gerichtes verworfen. Siehe dazu unten.

1879
Die letzte Frau aus dem Stamm der tasmanischen Aborigines stirbt.
Nur 70 Jahre nach der europäischen Besiedelung Tasmaniens waren alle Ureinwohner der Insel ausgerottet und eine jahrtausende alte Kultur vernichtet worden.

1. Januar 1901
Gründung des australischen Staates.
Die sechs britischen Kolonien schliessen sich zum Australischen Bund zusammen.

In der aus 128 Paragraphen bestehenden Verfassung werden die Ureinwohner nur zweimal erwähnt und zwar insofern, als dass besondere Rechte für sie gelten (Para. 51, 26) und sie bei Volkszählungen nicht mitgezählt werden sollen (Para. 127).

Im Original lauten die betreffenden Paragraphen folgendermassen:


§ 51, 26
The Parliament shall, subject to this Constitution, have power to make laws for the peace, order and good government of the Commonwealth with respect to: [...]
The people of any race, other than the aboriginal race in any State, for whom it is deemed necessary to make special laws.

§ 127
In reckoning the numbers of the people of the Commonwealth, or of the State or other part of the Commonwealth, aboriginal natives shall not be counted.

Abgesehen von der in der Verfassung offen dargelegten Diskriminierung, wirkten sich diese Bestimmungen so aus, dass jeder Aspekt im Leben eines Aborigines von den einzelnen Teilstaaten des Bundes reguliert, kontrolliert und verwaltet wurde, während es dem Bund untersagt blieb, Gesetze in bezug auf die Aborigines zu erlassen.

1902
Der Commonwealth Franchise Act schliesst australische Ureinwohner explizit vom Wahlrecht aus.

Bis 1911
hatten alle Bundesländer Gesetze erlassen, mit denen die Zwangseinweisung der überlebenden Aborigines in Reservate und Missionen unter staatlicher Kontrolle festgeschrieben wurden.

1963
Bark Petition
Der Yolngu Stamm aus Nordwest Arnhem Land reicht eine Petition ein, in der es gegen die an die Minenkompanie Nabalco abgegebene Erlaubnis protestiert, auf ihrem Land Bergbau zu betreiben.

1966
200 Aboriginal Farmarbeiter und ihre Familien verlassen Wave Hill Station (Northern Territory) und streiken für bessere Bezahlung und Bedingungen. Der neun Jahre andauernde Streik entwickelt sich zu einer erfolgreichen Klage für die Restituierung von traditionellem Gurindji Land.

27. Mai 1967
Nationales Referendum über die Abänderung der Verfassungsartikel § 51, 26 und § 127 von 1901.
90.77% der abgegebenen Stimmen sind dafür, Paragraph 127 gänzlich aus der Verfassung zu steichen und Paragraph 51, 26 dahingehend zu ändern, den Wortlaut "other than the aboriginal race in any State" zu streichen.

1971
Erster Aboriginal, Neville Bonner aus Queensland, erhält einen Parlamentssitz. Er trat 1983 zurück.

Im gleichen Jahr errichten Aborigines vor dem Parlamentssitz in Canberra ihre eigene Botschaft in einem Zelt (tent embassy) und protestieren somit für ihre Landrechte und ein Ende der Rassendiskriminierung.

September 1975
Australien ratifiziert das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Rassendiskriminierung von 1966 (International Convention on the Elimination of all forms of Racial Discrimination).

Den Text der Konvention findet man auf der United Nations Human Rights Website (englisch)

Im selben Jahr erlässt Australien auch das Rassendiskriminierungsgesetz. Danach waren verboten:
"Any act involving a distinction, exclusion, restriction or preference based on race, colour, descent or national or ethnic origin which has the purpose or effect of nullifying or impairing the recognition, enjoyment or exercise, on an equal footing, of any human right or fundamental freedom in the political, economic, social, cultural or any other field of public life."

Erläuterungen zum Racial Discrimination Act findet man auf der Homepage der Human Rights and Equal Opportunity Commission (HREOC) (englisch)

16. Dezember 1976
Land Rights Act
Erste legislative Bestimmung für die Rückkehr von Aboriginal-Land an ihre Besitzer. Den Aborigines wird das uneingeschränkte Eigentumsrecht der Reservate im Northern Territory zugesprochen.


1981 und 1984
Pitjantjatjara Land Rights Act von 1981 und Maralinga Tjarutja Land Rights Act von 1984 werden im Bundeststaat South Australia erlassen. Sie beinhalten ein Vetorecht der Aborigines in Bezug auf Bergbauvorhaben. Das Vetorecht kann allerdings im Streitfall durch einen vom Minister ernannten Schlichter bestätigt, verändert oder sogar aufgehoben werden.

Im Fall des Pitjantjatjara Land Rights Act wurde dem Pitjantjatjara Council ein Gebiet übertragen von der Grösse Ungarns und Österreichs zusammen, welches sich über drei Bundesstaaten erstreckt: Western Australia, South Australia und Northern Territory.

1985
Die australische Regierung gibt den Aborigines ihren heiligen Berg Uluru (Ayers Rock), und den ihn umgebenden Uluru-Nationalpark in Zentralaustralien zurück. Die Aborigines verpachten ihrerseits den Monolithen und sein Umland wieder an die Regierung für touristische Zwecke.

1988
Erklärung von Barunga
Auf einem von den Landräten des Nordterritoriums veranstalteten Fest spricht Premierminister Hawke von einer wirklichen und andauernden Versöhnung und offenen Verhandlungen zwischen der indigenen und nicht-indigenen Bevölkerung.
Hawke wird das sogenannte "Barunga Statement" überreicht, in welchem das Selbstbestimmungsrecht der indigenen Bevölkerung, ihre Landrechte und Kompensation für verlorene Ländereien gefordert werden.


1990
Die halbstaatliche Dachorganisation Aboriginal and Torres Strait Islander Commission (ATSIC) wird gegründet.
Sie vertritt die Interessen der Ureinwohner, wobei die 17 Kommissionsmitglieder durch die 35 landesweiten "Land Councils" gewählt werden. Bis 1999 wurde jedoch der Vorsitzende der ATSIC von der Regierung eingesetzt.
Die Aufgabe von ATSIC ist, die Regierung in allen Angelegenheiten im Zusammenhang mit der indigenen Bevölkerung zu beraten, Programme für die Aborigines und Torres Strait Islander zu formulieren, zu implementieren und zu überwachen.

Die Arbeit und Struktur der ATSIC wird allerdings teilweise auch von Aborigines sehr kritisch beurteilt, wobei sie ATSIC vor allem vorwerfen, eine bürokratische und hierarchische Struktur zu haben, die sich schwer mit den traditionellen Entscheidungsfindungsstrukturen ihrer Kultur vereinbaren lasse. Insofern sehen sie in ATSIC nur ein weiteres von den Weissen eingesetztes Gremium, welches jedoch nicht wirklich die Kontrolle über die ihm zur Verwaltung übertragenen Programme habe.
Die ATSIC ist somit gezwungen, einen Balanceakt zu beschreiten zwischen ihrer Aufgabe, die Interessen der Aborigines zu vertreten und ihre Verpflichtungen als gesetzliches Organ der Bundesregierung wahrzunehmen.

Homepage der Aboriginal and Torres Strait Islander Commission (ATSIC) (englisch)

1991
Die Bundesregierung setzt den 25köpfigen "Council for Reconciliation" (Versöhnungsrat) ein. Nach einem kritischen Bericht über die Situation der Aborigines ins Leben gerufen, soll der Rat während seines auf 10 Jahre befristeten Mandates Wege der Versöhnung zwischen den Ureinwohnern und der weissen Bevölkerung Australiens ausarbeiten.

Ziel ist die Ausarbeitung einer Erklärung, die als Basis für einen Versöhnungsvertrag zwischen der indigenen Bevölkerung und dem weissen Australien dienen könnte.
Als Resultat dieser Bemühungen wurde am 27. Mai 2000 dem australischen Volk die sogenannte "Versöhnungserklärung" überreicht, siehe dazu unten.

Homepage des Council for Reconciliation (englisch)

3. Juni 1992
In einem bahnbrechenden Urteil des obersten Gerichtshofes im Fall Mabo v. Queensland wird die terra nullius-Doktrin umgestossen und erstmals anerkannt, dass die indigene Bevölkerung Australiens einen "Uranspruch" (native title) auf Grund und Boden geltend machen kann.

Eddie Mabo, Bewohner der kleinen zu Queensland gehörenden Murray-Insel in der Torres Strait hat in dem 10 Jahre dauernden Prozess die Besitz- und Souveränitätsrechte des Bundesstaates Queensland über seine Insel angefochten.
Das Gericht folgte der Argumentation des Klägers, dass sein Volk die Insel schon vor der Ankunft besessen und bewirtschaftet habe und liess die Einwände Queenslands nicht gelten, dass mit der Annexion der Insel 1879 allfällige Rechte der Ureinwohner ausgelöscht wurden und die Besitz- und Souveränitätsrechte an die Kolonialregierung in Queensland übergegangen seien.

Durch das Mabo-Urteil wurde die Bundesregierung gezwungen, ein entsprechendes Gesetz zu erlassen, welches 1993 in der Form des Native Title Act verabschiedet wurde.

1993
Der Native Title Act erlaubt den Aborigines, Landbesitz auf Grund von traditioneller Zugehörigkeit geltend zu machen.
Die damalige Labourregierung unter Paul Keating versucht allerdings, weitere Unklarheiten zu beseitigen, indem verfügt wird, dass Pachtverträge für Weideland alle anderen Ansprüche, also auch den "native title", aufheben würden.
Der Kampf um Land wird seither in unzähligen Gerichtssälen ausgefochten.

Rechtsdokumente zum Native Title Act findet man mit der Suchmaschine des Australisian Legal Information Institute (englisch)

23. Dezember 1993
Wik-Urteil
Der oberste Gerichtshof Australiens entscheidet im Fall Wik v. Queensland zugunsten des indigenen Stammes der Wik und Thayorre und unterstreicht, dass die Landrechte der Aborigines neben den Nutzungsrechten der Pächter weiterbestehen.
Mit vier gegen drei Richterstimmen anerkannte das Gericht das Recht der Aborigines, Ansprüche auf Land geltend zu machen, das im Besitz der Regierung ist und von dieser an Farmer verpachtet wurde.

Im vorliegenden Fall ging es um 35 000 Quadratkilometer Land auf der Halbinsel Cape York, das vom Bundesstaat Queensland an zwölf Farmer verpachtet worden war.

Das Urteil hebt somit die im Native Title Act verankerte Prämisse auf, dass existierende Pachtverträge zwischen den Bundesregierungen und Farmern oder Bergbaugesellschaften, den Landeigentumstitel der Aborigines automatisch löschen würden.
In einem möglichen Streitfall wird aber dem Existenzschutz des Pächters grösseres Gewicht beigemessen.

Das Urteil löst bei Farmern und Bergbaugesellschaften scharfe Proteste aus.


1996
Die liberal-konservative Regierung unter dem heutigen Premier John Howard kommt an die Macht.
Budget und Kompetenzen der indigenen Selbstverwaltungsbehörde ATSIC werden drastisch, d. h. um zirka 40%, gekürzt.

27. Mai 1997
Bericht "Bringing them Home" der "Human Rights and Equal Opportunity Commission" (HREOC) wird publiziert. Er erläutert die von den Anfängen unseres Jahrhunderts bis in die 70er Jahre verfolgte Praxis sogenannte Halb- und Viertelblütler aus ihren Familien herauszureissen und weissen Familien zur Pflege oder Adoption zu übergeben. Diese sogenannten stolen generations sollten an die weisse Bevölkerung assimiliert werden, in dem man sie von ihren Familien und ihren kulturellen Wurzeln trennte.

In Artikel 2, (c) der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes von 1948 wird die "gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe" als Völkermord bezeichnet. Australien hat daher jahrelang gegen die von ihm 1951 ratifizierte Konvention verstossen.

 

Das Verbrechen an den "stolen generations"

Erst ab 1972 erhielten die Aborigines die Möglichkeit, legale Schritte gegen diese Praktik zu unternehmen und noch heute kämpfen viele der geschätzten 100'000 betroffenen Kinder für eine Wiedergutmachung.

Juli 1997
Eine Überarbeitung des Native title Act (1993) wird von dem für Aboriginal Fragen zuständigen Minister John Herron angekündigt und endet im Native Title Amendment Act von 1998, der die Rechte der indigenen Bevölkerung drastisch einschränkt.


27. Mai 1998
Erster nationaler Sorry-Day
Eine Million Australier tragen sich in die Sorry-books ein als Entschuldigung für das an den Aborigines in den letzten zweihundert Jahren begangene Unrecht, vor allem aber für die über Jahrzehnte aus ihren Familien gerissenen Aborigines-Kinder.
Beinahe alle Parlamente der einzelnen Bundesstaaten entschuldigen sich bei der indigenen Bevölkerung, ein Akt, der von der konservativen Bundesregierung kategorisch abgelehnt wird.

 

Das Verbrechen an den "stolen generations"

11. August 1998
UNO-Komission für Menschenrechte veröffentlicht eine Pressemeldung, in welcher Australien zusammen mit Jugoslawien und der tschechischen Republik als Länder aufgeführt werden, deren Behandlung der Menschenrechte Grund zur Sorge gibt.

1. Oktober 1998
Der Native Title Amendment Act tritt in Kraft.
Er basiert auf einem 10-Punkte Plan John Howard’s und sieht eine drastische Einschränkung der Bestimmungen des ursprünglichen Gesetzes von 1993 vor.

Einige kritische Punkte seien hier kurz erwähnt:
In der Zeitspanne zwischen dem Native Title Act (1993) und dem Wik-Urteil (1996) hatten einige Bundesstaaten Pachten über Land vergeben, über welches sie nach dem Gesetz von 1993 kein Recht mehr hatten. Dies geschah ohne die Anhörung der native title-Inhaber.Die veränderte Fassung des Native Title Act von 1998 sah nun vor, diese Vergaben rückwirkend zu legalisieren.

Dem Native Title Amendment Act (1998) ist ausserdem eine Liste von tausenden von Landbesitzen angehängt, für welche der Anspruch der Aborigines für immer ausgelöscht sein soll. Diese Liste wurde ohne Zusammenarbeit und Mitspracherecht der indigenen Bevölkerung erstellt. Auf rechtlichem Weg wird ihnen ausserdem nur die Möglichkeit eröffnet, eine Kompensation für das konfiszierte Land zu erstreiten und nicht der Bestand der Konfiszierung selber einzuklagen.

Die neue Gesetzgebung nimmt den Inhabern eines native title jedes Recht, über die Entwicklung auf ihrem Land zu verhandeln und räumt ihnen nur mehr einen beratenden Status ein. Damit bleibt den Aborigines auch die Möglichkeit verwehrt, über Bergbauvorhaben auf ihrem Land zu bestimmen.

Der uneingeschränkte Zugang zu traditionellem Aborigine-Land wird in der neuen Fassung des Gesetzes nur dann gewährt, wenn schon zum Zeitpunkt des Wik-Urteils (1996) dieser Zugang bestanden hat.

Aboriginal sprechen bezüglich der neuen Gesetzgebung von Betrug und dem Ausverkauf ihrer Rechte.
Mick Dodson, ein führender Aborigine-Bürgerrechtler und ehemaliger Aboriginal and Torres Strait Islander Social Justice Commissioner, kommentiert den Native Title Amendment Act (1998) folgendermassen:
"In summary, the new legislation represents the greatest act of dispossession of indigenous Australians since British Naval captain, Cook, claimed our country. It diminishes the say of native titleholders over many forms of development. It will permit state and territorial governments to pursue a full range of primary production activities on pastoral leases without the say-so of native titleholders. It will also enable those same governments to introduce a raft of extinguishing measures through compulsory acquisition and upgrading of existing tenures. Native titleholders will have no say over a whole range of government activities. Procedural rules are tougher, and in short, the legislation is unfair and discriminatory."

3. Oktober 1998
Mit Aden Ridgeway haben die Aborigines seit 1983 zum ersten Mal wieder einen Vertreter im australischen Parlament. Er war für die Demokraten in New South Wales angetreten.

18. März 1999
Australien wird als erstes westliches Land offiziell vor das aus 19 Mitglieder bestehende Expertenkomitee für die Abschaffung der Rassendiskriminierung bestellt.
Im Blickpunkt des Interesses liegt vor allem der Native Title Amendment Act (1998) und seine Vereinbarkeit mit Artikel 2 und 5 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form der Rassendiskriminierung, 1966, welchem Australien 1975 beigetreten ist.
Das Komitee empfiehlt der australischen Regierung, die 1998 angebrachten Veränderungen am Native Title Act, 1993 auf ihre diskriminierenden Folgen für die Aboriginal zu prüfen.

In Punkt 6 der Entscheidung drückt das Komitee Besorgnis darüber aus, dass die abgeänderte Fassung des Native Title Acts gerade jene Rechte beschneidet und einschränkt, welche 1993 erlassen worden waren, um den Aborigines ihren rechtmässigen Anspruch zu sichern.
"The Committee, having considered a series of new amendments to the Native Title Act, as adopted in 1998, expresses concern over the compatibility of the Native Tile Act, as currently amended, with the State party’s international obligations under the Convention. While the original Native Title Act recognizes and seeks to protect indigenous title, provisions that extinguish or impair the exercise of indigenous title rights and interests pervade the amended Act. While the original 1993 Native Title Act was delicately balanced between the rights of indigenous and non-indigenous title holders, the amended Act appears to create legal certainty for Governments and third parties at the expense of indigenous title."

Die offizielle Regierung in Canberra weist den Bericht zurück und unterstreicht, das australische Gesetze vom australischen Parlament geschaffen würden und nicht von einem UNO-Komitee.

Juli 1999
Die Weltkulturschutz-Kommission der UNO entscheidet sich gegen die Empfehlung der Expertenkommission der UNESCO, den 20 000 Quadratkilometer grossen Kakadu-Nationalpark in die Liste der gefährdeten Objekte des Weltkulturerbes aufzunehmen.
Dieser Entscheid gibt gleichzeitig dem Bau der geplanten Jabiluka-Uranmine grünes Licht. Nach Sicht der australischen Regierung bestehe weder für die Natur dieses Feuchtgebietes noch für den auf diesem Land seit 40 000 Jahren lebenden Mirrar-Clan eine Gefahr.
Das erwartete Uranvorkommen in diesem Gebiet beläuft sich auf einen Gesamtwert von 4 Milliarden Franken.

Oktober 1999
Murrandoo Yanner erzielt Sieg vor dem oberstem Gericht in Australien.
Der Urteilsspruch unterstreicht, dass Aborigines nicht den Jagd- und Fischereigesetzen ihres jeweiligen Bundesstaates unterliegen, solange die Jagd auf dem Land der Aborigines stattfindet und nur dem persönlichen Verzehr dient. Dank des Urteils können die Ureinwohner ihren traditionellen Lebensstil als Jäger und Sammler weiter nachgehen.

24. März 2000
UNO-Komitee für die Beseitigung der Rassendiskriminierung kritisiert Australien für seine Behandlung der Aborigines. Australien reagiert brüskiert und droht seine Verpflichtungen innerhalb des ganzen UNO-Systems zu überdenken.

In Punkt 9 der Entscheidung wird Besorgnis darüber ausgedrückt, dass die indigene Bevölkerung immer mehr in der Ausübung ihrer Rechte beschnitten zu werden scheint, vor allem was die Landfrage betrifft:
"Concern is expressed at the unsatisfactory response to Committee Decisions 2(54) (March 1999) and 2(55) (August 1999) and at the continuing risk of further impairment of the rights of Australian’s indigenous communities. The Committee reaffirms all aspects of its Decisions 2(54) and 2(55) and reiterates its recommendation that the State party ensure effective participation by indigenous communities in decisions affecting their land rights, as required under article 5 c of the Convention and General Recommendation XXIII of the Committee, which stresses the importance of ensuring the "informed consent" of indigenous peoples. The Committee recommends the State party to provide full information of this issue in the next periodic report."

Punkt 12 fordert die Regierung Howard auf, den Versöhnungsprozess zwischen der indigenen und der weissen Bevölkerung voranzutreiben.
"While acknowledging the significant efforts that have taken place to achieve reconciliation, concern is expressed about the apparent loss of confidence by the indigenous community in the process of reconciliation. The Committee recommends that the State party take appropriate measures to ensure that the reconciliation process is conducted on the basis of robust engagement and effective leadership, so as to a meaningful reconciliation, genuinely embraced by both the indigenous population and the population at large."

Punkt 18 drückt die tiefe Besorgnis darüber aus, dass die indigene Bevölkerungs Australiens nach wie vor nicht ihre ökonomischen, sozialen und kulturellen Rechte in vollem Ausmass wahrnehmen kann:
"The Committee acknowledges the effort being made to increase spending on health, housing, employment and education programmes for indigenous Australians. Serious concern remains at the extent of the continuing discrimination faced by indigenous Australians in the enjoyment of their economic, social and cultural rights. The Committee remains seriously concerned about the extent of the dramatic inequality still experienced by an indigenous population that represents only 2.1% of the total population of a highly developed industrialized State. The Committee recommends that the State party ensure, within the shortest time possible, that sufficient resources be allocated to eradicate these disparities."

April 2000
Premier John Howard leugnet Anfang April öffentlich die Existenz der stolen generation.
Der für Aboriginal Fragen zuständige Minister John Herron spricht von "nur" 10% der Kinder, die zwischen 1910 und 1970 den Familien entrissen worden waren.

Untersuchungen einer australischen Menschenrechtskommission haben allerdings ergeben, dass jedes dritte Kind davon betroffen war und somit Opfer von körperlichem und seelischem Missbrauch wurde.

Premier John Howard weigert sich nach wie vor, eine Entschuldigung auszusprechen für diese Zwangsadoptionen und betont, dass die heutige Generation der Australier nicht für diese Praxis verantwortlich gemacht werden könne.
Die Gründe für das unverständliche Zögern John Howard’s dürften allerdings vielmehr in seiner Befürchtung liegen, sich allfälligen Kompensationsforderungen gegenüber zu sehen.

11. Mai 2000
Dr. Charles Perkins, bekannter Aboriginal Aktivist, unterstreicht in seiner Rede anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde der University of Syndey, dass es der politischen Führung zur Zeit an Visionen und Inspiration fehlt, wobei vor allem Premier John Howard scharf kritisiert wird:
"Our Prime Minister is obviously unsuited to lead this country at such a critical time in our history. He has neither the character, the vision or the compassion to understand his role at this point of time. He has failed in a number of critical areas. For example ; his reluctance to say sorry, on behalf of the Government, to the Stolen Generation, of which he denies the existence, and also, for the traumatic history of black/white relations in this country is itself a great shame."

15. Mai 2000
Ein Bericht der National Aboriginal Community Controlled Health Organization wird dem UNO-Komitee für soziale, kulturelle und wirtschaftliche Rechte in Genf überreicht. Der Bericht zeigt die katastrophalen gesundheitlichen Probleme eines Grossteils der indigenen Bevölkerung Australiens auf.

27. Mai 2000
Corroboree 2000 - Versöhnungszermonie in Sydney.
Der 1991 in Angriff genommene Versöhnungsprozess zwischen den Ureinwohnern und dem Rest der australischen Bevölkerung, mündet in die Überreichung eines Dokumentes, welches eine symbolische Basis für das weitere Zusammenleben bilden soll.
Premier John Howard bringt jedoch nach wie vor nicht ein Wort der Entschuldigung hervor für die durchgeführten Zwangsadoptionen von Mischlingen.
Aus Protest wird ihm daher von einigen Zuhörern während seiner Rede der Rücken zugekehrt. Führende Aborigines wie der als "Vater" des Aussöhnungsprozesses bekannte Pat Dodson bleiben der Zeremonie aus Protest gänzlich fern, da das ausgearbeitete Dokument ebenfalls kein Wort der Entschuldigung enthält.

28. Mai 2000
Über 150 000 Menschen nehmen an dem Marsch über die Sydney Harbour Bridge teil. Der vier Kilometer lange "Marsch für die Versöhnung" sollte der Welt zeigen, dass ein grosser Teil der Australier sich hinter den Versöhnungsprozess zwischen den Ureinwohnern und den Weissen stellt. Umfragen zeigen jedoch, dass eine Mehrheit der Australier sich hinter die Position ihres Premiers stellt und keine Aussprechung einer Entschuldigung möchte.

22. Juni 2000
Der Präsident der Australian Medical Association (AMA) unterstreicht, dass nicht genug finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um die Gesundheitsfürsorge der Aborigines zu verbessern. Ein Bericht der AMA legt dar, dass weitere $245 Millionen aufgebracht werden müssten, um die gewünschten Resultate zu erreichen.

28. Juni 2000
Der ATSIC-Vorsitzende Geoff Clark fordert die Einführung einer Job-Quote für Firmen mit mehr als 250 Angestellten. Sie sollen gesetzlich dazu verpflichtet werden, bis zum Jahr 2002 einen Anteil von 2% Aborigines in ihre Belegschaft aufzunehmen. Der Minister für Aborigines und Torres Strait Islander Angelegenheiten John Herron verwirft diesen Vorschlag.

13. Juli 2000
Cherie Booth, Ehefrau des britischen Premierministers und Menschenrechts-Expertin, hat als Vorsitzende eines Teams von Rechtsanwälten eine formelle Beschwerde gegen die australische Regierung bei der UN-Menschenrechtskommission in Genf eingereicht. Gegenstand der Beschwerde ist die harsche Strafgesetzgebung im Northern Territory, welche nicht mit Australiens Verpflichtungen gegenüber den Menschenrechten vereinbar sei und vor allem die indigene Bevölkerung hart treffe.
Australiens Aufgabe wird darin gesehen, die betreffende Gesetzgebung, welche auch in Westaustralien gültig ist, im Hinblick auf die internationalen Verpflichtungen umzustossen. Bisher jedoch beharrt die Commonwealth-Regierung auf ihrem fragwürdigen Standpunkt, dass die Strafgesetzgebung in die Autonomie der Teilstaaten falle.
Australien hat bis zum Janaur 2001 Zeit, auf die Beschwerde von Cherie Booth zu antworten.

14. Juli 2000
Aborigine-Aktivisten errichten eine Zeltbotschaft im Victoria Park von Sydney, um die Besucher der Olympischen Spiele über ihre Situation, ihre Kultur und ihre Geschichte zu informieren.

17. Juli 2000
Cathy Freeman, 400m Läuferin und Goldmedaillienhoffnung Australiens an den Olympischen Spielen, kritisiert die australische Regierung für ihre unerbittliche Haltung gegenüber den Vertretern der Stolen Generation. In einem Interview mit dem britischen Sunday Telegraph erläutert sie, dass auch ihre Grossmutter als Kind gewaltsam von ihrer Mutter getrennt worden war, und sie selber den Schmerz, von den eigenen kulturellen und familiären Wurzeln getrennt zu werden, daher aus eigener Erfahrung kenne. Die unsensible Haltung der Regierung in der Frage der Stolen Generation verursache bei den Aborigines Wut und Betroffenheit.

23. Juli 2000
Mehr als 20 000 TasmanierInnen nehmen an einem Versöhnungsmarsch über die Hobart Tasman Bridge teil. Sie fordern die australische Regierung auf, sich endlich offiziell bei den Aborigines zu entschuldigen und einen wirklichen Versöhnungsprozess einzuleiten.

24. Juli 2000
Die Lutherische Kirche Australiens hat sich im Namen der Nationalen Synode bei den Aborigines für das in der Vergangenheit begangene Unrecht entschuldigt.

27. Juli 2000
In einer Vereinbarung verständigen sich die Bundesregierung und die Regierung des Northern Territory, die höchst kontroverse Strafgesetzgebung im NT dahingehend zu ändern, dass Diebstähle im Wert von weniger als $100 nicht mehr vor Gericht verhandelt werden sollen. Die Regierung wird ausserdem über vier Jahre verteilt $20 Millionen für Programme der Täter-Opfer-Beratung, Vorbeugung von Drogenmissbrauch und einen Dolmetscherdienst zur Verfügung stellen.
ATSIC gehen diese Änderungen nicht weit genug. Sie fordert eine komplete Neufassung des Gesetzes, ausserdem sollten die vorgesehenen Vorbeugungsprogramme auch für die über 18jährigen gültig sein.

Juli 2000
Die UN-Menschenrechtskommission hat in ihrer Sitzung Australien erneut aufgefordert, in der Frage der Zwangsverurteilungen eine harte Haltung gegenüber den Teilstaaten Western Australia und Northern Territory einzunehmen.
Die Regierungschefs der zwei betroffenen Teilstaaten äusserten sich daraufhin gegenüber der australischen Radiostation ABC äusserst abfällig über das UNO-Komitee:
NT-Chief Denis Burke gegenüber ABC Radio:
" I believe it's laughable that some shonky UN committee held captive by activist organisations with no support at home can somehow be seen to be serious in their condemnation. To my mind we should do what I've always said - tell them to butt off."

Richard Court, Premier in Western Australia, gegenüber ABC Radio:
"We will not cop an unelected United Nations committee telling a democratically elected government in Western Australia how it will run its laws in relation to these matters".

11. August 2000
Der Federal Court in Darwin unter Richter Maurice O'Loughlin spricht in einem wegweisenden Prozess zwei Vertretern der Stolen Generation keine Kompensationszahlung zu. Lorna Cubillo (62) und Peter Gunner (53) hatten gegen den australischen Staat Klage eingereicht, da sie im Alter von sieben respektive sechs Jahren aus ihren Familien gerissen worden waren und in staatliche Insitutionen überführt wurden. Sie verlangten nun eine Wiedergutmachung für den Verlust ihrer Familie und ihrer Kultur. Richter O'Loughlin begründete im Fall von Peter Gunner sein negatives Urteil damit, dass ein Dokument existiert, auf welchem seine Mutter mit ihrem Daumenabdruck ihr Einverständnis zur Einweisung in ein Heim gegeben hatte. Für Lorna Cubillo waren nach Ansicht des Gerichts die Gründe für die Einweisung in eine staatliche Insitution nicht mehr eruierbar.

Der Prozess, der die australischen SteuerzahlerInnen $10 Millionen gekostet hat, war der erste einer Reihe von weiteren 700 hängigen Klagen alleine im Northern Territory. Der indigene Abgeordnete Senator Ridgeway forderte daher die Einrichtung eines Kompensationstribunals, vor welchem die Klagen weitaus kostengünstiger behandelt werden könnten.

Geoff Clark, Vorsitzender von ATSIC, machte aus seiner Enttäuschung über den negativen Ausgang des Prozesses keinen Hehl. Er sprach sich aber ebenfalls für die Errichtung eines Kompensationstribunals aus, welchem ausserdem die Aufgabe zukomme, einen Heilprozess der alten Wunden einzuleiten zum Wohle der ganzen Nation.

Pat Thomson, ATSIC-Beauftrager in Brisbane, unterstrich, dass dieses Urteil weitere Wunden bei den indigenen AustralierInnen verursacht hat:
l" Today's decision will be devastating for almost every indigenous community and for almost every indigenous person in this country. For us, it was the history of this country that was on trial today [...] Today's decision will usher a new phenomenon in our communities in this country. The broken generations. Because our hearts are broken. [...] There is a dark, dark cloud, a deep, deep wound in the heart of Aboriginal Australia this afternoon. Make no mistake this decision will be devastating to every member of the Stolen Generations and their families. And what that means ist that the government will now have to respond to this. Not only to this decision per se, but it will also have to respond the devastating effect this is going to have on Aboriginal and Torres Strait Islander people of this country."

Bis einschließlich Ende 2007 weigerte sich John Howard, die Verantwortung gegenüber den Aborigines anzuerkennen. Er hatte dabei wohl im Hinterkopf, dass eine Anerkennung von seiner Seite eine Schadensersatzklagewelle zur Folge haben könnte, was er vermeiden wollte.

Februar 2008: Kevin Rudd, neue Regierungsoberhaupt übernimmt Verantwortung und läutet somit einen Politik Wechsel zugunsten der Aboigines ein.
 

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Stellungnahmen von Aborigines-AktivistInnen zur “Entschuldigung” der australischen Regierung

Verfasst von entdinglichung am Februar 16, 2008

Anlässlich der “Entschuldigung” von Australiens neuem Premierminister Kevin Rudd gegenüber den UreinwohnerInnen Australiens für das ihnen angetane Leid in den letzten Jahrhunderten nachfolgend ein Artikel aus dem aktuellen Green Left Weekly in englischer Sprache, welcher die Stellungnahmen mehrerer VertreterInnen von Organisationen der indigenen Nationen Australiens dokumentiert, welche darauf hinweisen, dass dergleichen ungenügend ist:

Indigenous activists: ‘Sorry’ not enough, compensation now!

9 February 2008

In the lead up to the February 12 Indigenous rights convergence in Canberra, Green Left Weekly gathered statements from Indigenous activists around Australia. At the fore of people’s minds was the Northern Territory intervention, PM Kevin Rudd’s scheduled apology to the Stolen Generations and the issue of compensating those affected by that policy.

Greg Eatock, Aboriginal Rights Coalition, Sydney:

“The Aboriginal movement has not experienced this level of unity since the 1970s. The destruction being caused by the intervention is becoming clearer, suicide rates have increased in the NT for example. From left-wing to conservative, our people recognise the need to stand against the racist intervention. We are expecting thousands to converge on Canberra.”

Mitch, Aboriginal activist, Alice Springs:

“Kevin Rudd has said his apology will contain an affirmation never to repeat past wrongs, but this is precisely what his government is doing rolling out Howard’s intervention. He is continuing the genocidal policy of the Stolen Generations and the Howard years.

“We are back to ’flour, tea and tobacco days’, being forced to work and jump through hoops for ration vouchers. Centrelink is not providing proper services for remote communities so there has been a mass exodus of our young people. My brothers have been forced into town to look for work.”

 


Barbara Shaw, Mt Nancy town camp, Alice Springs:

“Centrelink is never organised to get our food vouchers in on time. We went the last long weekend without food. Kevin Rudd says this intervention is to help children but I have many young mouths to feed and the welfare quarantine makes this so much harder. I am a self-determined person concerned for my people, why should I be controlled by a government department? Today [February 7] we leave for Canberra to demand change.”

Michael Mansell, legal director, Tasmanian Aboriginal Centre, Hobart:

“The Rudd government claims to have exhausted consultation over the apology [which] really means Aboriginal people were told there would not be compensation and the final wording was entirely up to the government. It wasn’t negotiation: it was the Government telling people what was to happen.

“When the apology is given, it is widely believed there will not be a reference to genocide and there will be a lot of emphasis on the good intentions of administrators, officials and missionaries.

“It is more likely to look like an apology to those who did the moving than those removed.

“It is a pity the Coalition could not come to terms with history. To argue ’stolen’ should not be used indicates a shallow understanding of historical fact. Should we say the children were ’borrowed’ instead of stolen?

“The refusal to compensate undermines the claims of sincerity about the apology. How can a prime minister be sincere about what happened to the Stolen Generations but still leave them to suffer the consequences of being taken? It does not make sense.”

Nicole Watson, academic, Junbunna Indigenous House of Learning University of Technology Sydney:

“I think that the proposed review of the intervention should be brought forward. While members of the task force have been at pains to convince us that the intervention has been a success, they cannot provide any evidence to prove that the intervention is producing positive outcomes. Only a rigorous and independent evaluation can do this.

“The government must commit itself to a dialogue with Indigenous people about the issue of compensation. In a society where we have a third party insurance scheme for victims of motor vehicle accidents and criminal injuries compensation schemes, the issue of compensation is hardly controversial. Furthermore, it is inhumane to force individuals who have already suffered great pain to endure the rigors of court processes.

“A national compensation scheme should be established. An apology in the absence of compensation is an exercise in pragmatism rather than nation building. It also demonstrates a lack of foresight because the issue of compensation is not going to disappear after February 13.”

Sam Watson, Murri activist and Socialist Alliance member, Brisbane:

[On the NT intervention and the possibility of a extending it to Queensland.]
“Howard’s core strategy for the NT intervention was to suspend the NT Land Rights legislation and gain control of the land. At the same time as soldiers and tanks were moving in, the legislation was suspended for five years. Meanwhile, Australia was pushing the export of uranium — around 75% of which is in the NT.

“The Rudd government has been in power [for] three months, and the intervention is still in place. [Indigenous affairs minister] Jenny Macklin met with Queensland= premier Anna Bligh to discuss extending the intervention to Queensland. The Queensland Aboriginal leadership have a message to Bligh and Macklin: don’t even think it, don’t even try it — or there will be blood on the streets.

“Howard used the Little Children are Sacred report as a pretext for the intervention, accusing virtually every Aboriginal man in remote communities of being a paedophile. Yet only a handful of investigations have occurred, and only a handful of actual charges laid.”

[On the Stolen Generations, compensation, and Rudd’s apology.]
“When Rudd apologises, he must lay out pathways for stolen generation peoples to receive adequate compensation. The Canadian government has allocated [funds] for the victims of the Residential Homes era — the Canadian version of the Stolen Generations. Tasmania and Victoria [have] offered significant sums of money to Stolen Generations victims as compensation.

A key recommendation of the Bringing Them Home report was that compensation must be paid. In this day and age, it is basic justice that victims of violent crimes receive compensation through the courts.

Without compensation, Rudd’s apology won’t buy a loaf of bread or a handful of dirt.”

[On the February 12 convergence and beyond for Aboriginal rights.]
“Under Howard, the Aboriginal political leadership largely lost its edge. Under the surface, Aboriginal political cadres have been organising and regrouping. February 12 will be a coming out of the political spearhead of Black Australia.”

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Heraldsun.com.au

Sorry Australians

Holly Ife, Rachel Hewitt and Jane Metlikovec

February 14, 2008 12:00am

 

SCHOOLGIRL Alice Wilson had special reason to watch yesterday's apology at Federation Square. Alice's grandfather, Sir Ronald Wilson, QC, co-authored the landmark 1997 Bringing Them Home report with Mick Dodson.

 

"I'm so proud. I don't think, even at the time, that people realised how much of a difference that report would make, or how much work and compassion went into it," the Melbourne Girls' College student said.

Sir Ronald died in 2005, never hearing the apology he had called for more than a decade ago.

 

He was represented in Canberra yesterday by his widow and family.

Alice, 16, joined thousands who had packed into Federation Square to watch Prime Minister Kevin Rudd's historic apology.

Mr Rudd's speech drew cheers from the crowd, some wiping tears and others hugging each other as the motion was passed in Parliament.

But Opposition Leader Brendan Nelson's speech was met with chants of "get him off", many spectators turning their backs to the giant television screen.

 

Stan Yarramunua, of the Yorta Yorta people, hugged daughter Allirah, 7, as he listened to the PM's speech.

Mr Yarramunua said the apology meant the younger generation of Australians would grow up in a better country – "a country that's going to give you a fair go".

"I believe if you're an Australian, Aboriginal culture is your culture . . . I don't look at non-Aboriginal people as being white, I look at them as being Australians now," he said.

 

James Neil took daughters Jessie, 11, and Freya, 9, to Federation Square to watch the apology live.

"Kevin Rudd's speech was fantastic, but Brendan Nelson was obviously way off the mark," Mr Neil said.

Munya Andrews took a more compassionate view of Dr Nelson's speech.

 

"Some parts of his speech were unfortunate but we mustn't forget that this is the first time the Leader of the Opposition has come on board an indigenous apology," Ms Andrews said. "In participating he showed a generosity of spirit that, as an indigenous person, I appreciate."

Frances Bond, of the Wakka Wakka people, said the apology meant hope for the future. "Now people can start healing their spirits as well," Ms Bond said.

 

The diverse crowd at Federation Square included older couples, mothers with children, people in suits, school students, tradesmen, tourists and people of many different cultural backgrounds.

At the end of the Prime Minister's speech, a roar of applause rose from the crowd and, fittingly, the sun came out over Federation Square.

At Essendon Keilor College, students were almost moved to tears during the broadcast.

 

State Education Minister Bronwyn Pike had called on schools to observe yesterday's apology, and raise the Aboriginal and Torres Strait Islander flags.

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Link-Up Services

In 1997 Human Rights and Equal Opportunity Commission (HREOC) undertook the National Inquiry into the Separation of Aboriginal and Torres Strait Islander Children from Their Families. The Bringing Them Home Report, as it is known, made a total of 54 recommendations.

The Australian Government response to this Inquiry included funding to establish a national network of Family Tracing and Reunion Services (known as the National Link-Up Network ) to assist Aboriginal and Torres Strait Islander people separated from their families as a result of past governments’ policies and practices, addressing recommendations 30a and 30b and 33-35 of the Bringing Them Home Report:

"To assist Aboriginal and Torres Strait Islander people separated from their families under past laws, practices and policies of Australian governments, to undertake family tracing and reunion initiatives."

There are currently 14 Link-Up Services nationally – one each in New South Wales, Queensland, South Australia and Victoria, two in the Northern Territory and eight in Western Australia, none in Tasmania. The Services operate either as stand-alone Link-Up Services or are auspiced by Indigenous community organisations. In December 2005, all the Link-Up Services in each state and territory entered into a Memorandum of Understanding that established the framework for the Link-Up Services to work together to assist people undertaking family tracing.

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